Anthologien sind Sammlungen von Kurzgeschichten, die in der Regel von unterschiedlichen Autoren stammen. Für die meisten Leser sind sie fest mit der Kleinverlagsszene verbunden.
Die etwas höheren Buchpreise von meist 12 – 15 € pro Buch und die überwiegend unbekannten Autoren sind ein Grund, aus dem viele vor dem Kauf zurück schrecken. Dabei gibt es keinen besseren Weg, einen neuen Lieblingsautor zu entdecken – und die phantastischen Anthologien haben ihre Monopolstellung unter den Fans genutzt und in den letzten Jahren einige ausgefallene Bücher hervor gebracht.
Dabei hatten Anthologien nicht immer diesen Ruch. Vor knapp dreißig Jahren übersetzte der Fischer Verlag zuverlässig jedes Jahr eine neue Low-Fantasy-Anthologie von Marion Zimmer Bradley. Bastei Lübbe sicherte sich die Rechte an Asprins Diebeswelt und Heyne setzte viel auf Science Fiction. Heute gibt es nur in Ausnahmefällen Anthologien aus Großverlagen, wie z.B. die Weihnachtsanthologien von Piper (Das Fest der Zwerge, Das Fest der Vampire, Das Fest der Elfen). Nach wie vor bestehen sie zu einem großen Teil aus Übersetzungen international bekannter Autoren.
Deutsche Autoren können ihre Kurzgeschichten praktisch nur in Kleinverlagen unterbringen. Wenn man Glück hat, findet man sich mit einem Stargast wie Oliver Plaschka, Christoph Hardebusch, Bernd Perplies oder Christoph Marzi in einem Buch wieder.
Unter vielen Kleinverlegern gilt die Anthologie als unternehmerisches Risiko, und Leser misstrauen dem oft bunten Cocktail Autoren, deren Namen ihnen meistens nichts sagt. Viele dieser Bücher entstehen durch Wettbewerbe, an denen jedermann teilnehmen kann.
Dennoch gibt es ganze Reihe phantastischer Verlage, die bei jeder Messe mindestens eine neue Anthologie präsentieren. Die Ausschreibungen zu diesen Wettbewerben werden breit gestreut und erhalten hunderte von Einsendungen. Und wenn sich trotz allem nicht genug Beiträge guter Qualität finden lassen, die eine Anthologie füllen – dann wird das Projekt wieder abgesagt.
Gerade im phantastischen Kleinverlag wird die Anthologie gerne für Experimente genutzt: „Dampfmaschinen und rauchende Colts“ aus dem Verlag Torsten Low präsentiert keine alleinstehenden Geschichten – sie sind alle miteinander verbunden. Der Art Skript Phantastik Verlag nimmt den Titel „Die dunkelbunten Farben des Steampunk“ wörtlich und druckt jede Geschichte in einer anderen Farbe. Mit „Die Putze von Asgard“ und „Lückenfüller – Eine Tentakelporn-Anthologie“ veröffentlichen Machandel und Amrun ganz besonders ausgefallene Geschichtensammlungen.
Und auch in den übrigen Anthologien findet sich immer wieder die eine oder andere Geschichte, die ganz besonders ausgeflippt ist. Einige Autoren spezialisieren sich auf ein Genre wie Nina Horvath oder Thomas Williams – oder entwickeln sogar eine Reihe um eine Heldenpaar, das immer wieder auftaucht wie Marcus Cremer mit seinem Archibald Leach. Andere Autoren nutzen die Möglichkeit, sich in vielen verschiedenen Genres auszutoben oder zu experimentieren.
In einem Roman mögen es die Leser nicht verzeihen, wenn man ein negatives Ende einbaut – und es tut einem auch beim Schreiben weh, wenn man die Figuren über Hunderte oder sogar Tausende von Seiten begleitet hat. Anders sieht das bei einer Kurzgeschichte aus.
Hier kann man sich als Autor austoben und experimentieren. Das Thema, die Lösung des Konfliktes oder eine Pointe wiegen schwerer als die Bindung an die Figuren.
Merkmale, die als typisch für Kurzgeschichten gelten, werden von der Phantastik oft gebrochen: wer das erste Mal eine Kurzgeschichte zu einem Wettbewerb einsenden will, orientiert sich bitte nicht an der Google-Recherche zu den Merkmalen einer Kurzgeschichte. An der Vorgabe, ohne lange Einleitung einzusteigen, ist nichts falsch, doch der Zwang zu Präteritum und einem offenem Ende führen ebenso wie andere Vorgaben schnell auf eine falsche Fährte.
In den kommenden Tagen möchten wir euch Kurzgeschichten näher bringen – über Rezensionen, Autorentipps oder Interviews mit den Beteiligten an einer Anthologie.
Und wer seine Lieblingsgeschichte aus einer Anthologie vorstellen möchte, kann gerne einfach mitmachen mit einer Rezension und dem Hashtag #KGFestival.